Novemberaug
Die Horizonthöhe der Sonne
verringert sich von 23 auf 16 Grad.
Ein Kumulusmittag
runzelt also die Braue
über einem nieder
trächtig bleichen
Tagaug
das wird abends
und morgens
rot vor Frost und tränt
überhaupt
häufig.
Benebelt kann es seinen Blick nicht heben
von sich entblätternden
zunehmend nackten
Bäumen
und glattrasierten
fischhäutigen
Feldern – verschleiert
in einer Aufwallung
von Rauch
schließt der Himmel
sein graues Lid streicht
hinter der Netzhaut
die steifen, kalten
Bettlaken
des Winters
glatt.
Echo
Echo
grünen Lichts
aus den goldenen Schatten
des Sommers – dann
Gewitter Blitz ein
toter Baum
im Winter
Horizont
Ferne, feine Linie: Horizont
Lass’ deine Augen sich nicht verlieren
verliere sie nicht aus den Augen
denn nur sie ist uns geblieben
vom Meer.
Ferne reine Linie Horizont
Die Weite nur im eingeengten Sein
und zwischen Luft und Wasser nur der Augenschein
der Augenblick
aufs Meer.
Ferne, eine Linie Horizont
nichts grenzenloser mehr als diese Grenze
und klar und weit und blendend wie
das Licht war
am Meer.
Nur dieses sehen: Horizont
und allen andern Sinnen sich verschließen
( - vielleicht des Wassers Kühle nicht
und nicht dem Wind - )
und weitergehn zurück
ins Meer.
Sonnenaufgang
An einem Morgen
werden die Vögel schweigen und der Wind
wird zu Eis erstarren - :
und wer die Stille sucht wird
keine Ruhe finden.
An einem Morgen
wird die Finsternis das Licht des frühen Tags
verwelken lassen - :
und der erblindend auf den Morgen hofft wird
die Zeit töten.
An jenem Morgen
wird die Nacht nicht sterben: wird mit ihrer Angst
den Tag ersticken:
und unauslöschbar brennt sich in die offnen Augen
das ewge Bild
der schwarzen Sonne.
Nachtwanderer
Die Sterblichen blendet der Schlaf, Nachtwanderer,
mit dir zu gehen nur zwingst du
den Sterbenden.
Nur der Sterbende bleibt dir, Nachtwanderer,
dem Sterblichen bist du ein Grauen
und er flieht. Und
du nur bleibst dem Sterbenden, Nachtwanderer.
Ein Abscheu ist er dem Freund und
Er lässt ihn allein.
So begleitet der Einsame den Einsamen, Nachtwanderer,
eine einzige Nacht oder eine von
tausend Nächten.
Festhalte dein dunkles Gewand, Nachtwanderer,
dass schwarzes Tuch verberge dein Gesicht
dem Trauernden:
Genug, dass der Sterbende sehe, Nachtwanderer,
die sternblauen Flügel des Falters, das Feuer
im Wind;
Genug, dass der Sterbende sehe, Nachtwanderer,
das fallende Blatt, die Silberringe des Wassers
im Fluss;
Genug, dass der Sterbende sehe, Nachtwanderer,
im schimmernden Glanz des Mondes den Strahl
der Sonne:
Lehre, bis einst der Lernende sehe, Nachtwanderer,
denn nicht siehet der Mensch
und lebt.
Ahasver
Wer nicht zur rechten Stunde kommt
dem bleibt sie unerhört
und taub auf Vergangenes starrend
versinken ihm hundertjährige
Lebensblicke
in einem einzigen ungeleerten
Stundenglas – grundlos
und von Ewigkeit trunken
träumt es die Zeit
seines Abschiedsdurstes
bis er den Jakobsbecher füllt
mit seinem Blut
zur rechten Stunde
und Glas und Becher aneinander klingen
und Unerhörtes
seine Welt
zerstört -
Nenia
Himmel: graues Gesicht
Erde: felderweit
Seelenasche
Gekrümmte Baumknochen
wegentlang
reifen und greifen
zehren und nähren
Karges nur gab ihnen
Mutter Feuer: nach ihr
schlugen viel Hände
die wachsen und weiden
wegelang wälderweit
ist die Wüste getrieben
und es peinigt und steinigt
jede Hand die empordorrt
der Wind: Vater unser
Geisthauch über dem Wasser dem
dem Wasser dem
Wasser
Warnung vor Gomorrha
Geh nicht durch die Stadt
zur dreizehnten Stunde –
denn bleibst du auch stehen
verrät doch dich der Klang
der Totengesang:
die schreienden Tritte
der menschlichen Schritte
Verwesungsgestank
Flieh aus der Stadt
die niemals erschaffen
so niemals erloschen
mit steinernen Augen
dem Todesgestank
dem verfaulenden Fleische
dem verwesenden Geiste
hasserfüllt folgt
Verbirg dich der Stadt
deren Straßen sich engen:
aus den Häusern sie drängen
in versteinerten Händen
versteinernden Tod:
aus verfaultem Geiste
aus verwestem Fleische
neu dich zu schaffen
IHNEN ZUM BILDE